Beförderungspauschale für mehr Teilhabe – Ein Fall für den VdK
Jedes Jahr gibt es Probleme mit dem Grundsicherungsamt, wenn es um die Verlängerung der Beförderungspauschale geht. Das betrifft viele VdK-Mitglieder. Bei einem Mitglied war es im vergangenen Jahr besonders schlimm: Das Grundsicherungsamt blieb trotz rechtzeitiger Antragstellung über Monate hinweg untätig und zahlte nicht. Ein Fall für den VdK.
Constanze Meyer (Name geändert) ist infolge eines Schlaganfalls schwerbehindert und bezieht Erwerbsminderungsrente. Sie hat einen Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung von 90 sowie Merkzeichen B (Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson), aG (außergewöhnliche Gehbehinderung) und G (erhebliche Gehbehinderung). Da ihre Erwerbsminderungsrente nicht ausreicht, um ihren Lebensunterhalt zu sichern, erhält sie aufstockende Leistungen der Grundsicherung. Zudem bekommt sie seit vielen Jahren vom Grundsicherungsamt im Rahmen der Eingliederungshilfe eine Beförderungspauschale.
Frau Meyer ist seit einem Schlaganfall körperlich stark beeinträchtigt und leidet unter andauernden Lähmungserscheinungen. Die Nutzung der Busse und Bahnen des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV) ist ihr nicht möglich und gesundheitlich auch nicht zumutbar. Auch verfügt sie über kein eigenes Fahrzeug und kann auch kein Fahrzeug von Angehörigen nutzen, um Einkäufe zu erledigen oder soziale Kontakte zu pflegen. Aufgrund ihrer geringen Rente kann sie die erforderlichen Beförderungsleistungen mit einem Taxi auch nicht selbst finanzieren.
Die VdK-Beraterin Kathrin Brückner erklärt, „dass die gesetzlichen Regelungen gerade für solche Fälle einen Anspruch auf Beförderungsleistungen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben vorsehen. Für den im Gesetz genannten Personenkreis der Menschen mit Behinderungen soll es durch diese Beförderungspauschale ermöglicht werden, Freizeitinteressen wahrzunehmen, persönliche Angelegenheiten zu erledigen, den Kontakt zu Angehörigen zu halten und insgesamt den Umgang und die Begegnung mit anderen Menschen zu fördern“.
Ende August 2020 lief Frau Meyers bisherige Weiterbewilligung der Beförderungspauschale aus. Bis dahin hatte sie eine monatliche Pauschale von 82 Euro für notwendige Taxifahrten erhalten. „Je nach Grad der Mobilitätseinschränkungen der betroffenen Person kann auch eine höhere Pauschale gezahlt werden, wenn zum Beispiel ein Spezialfahrzeug mit Rampe zur Beförderung im Rollstuhl und gegebenenfalls eine zusätzliche Tragehilfe notwendig sind“, erklärt Rechtsberaterin Brückner.
Frau Meyer hatte frühzeitig den Antrag gestellt. Sie ahnte schon, dass die Bearbeitungszeit bei der zuständigen Behörde teilweise sehr lange dauert. Deshalb stellte sie bereits Mitte Juli 2020 den Antrag auf Weiterbewilligung. Doch in den folgenden Wochen passiert trotz mehrfacher telefonischer und schriftlicher Anfragen nichts. Erst Ende Oktober 2020 erhält Frau Meyer vom Grundsicherungsamt ein Schreiben, dass ihr Antrag zwar eingegangen sei, es jedoch seit Wochen aufgrund einer umfangreichen Programmumstellung des Computersystems zu Verzögerungen bei der Prüfung und Bewilligung der beantragten Leistungen komme.
Frau Meyer erhält seit über zwei Monaten die für sie erforderliche Taxipauschale nicht mehr. Aus diesem Grund wendet sie sich verzweifelt an den VdK.
So wird dem VdK-Mitglied geholfen
Die VdK-Beraterin Kathrin Brückner nimmt sich des Falls an und lässt sich von Frau Meyer alle Unterlagen zuschicken. „Wir begrüßen es zwar, dass die Behörden ihre Programme umstellen, um auf diese Weise eine bessere und schnellere Antragsbearbeitung gewährleisten zu können. Es kann jedoch nicht sein, dass es aufgrund dieser IT-Probleme zu monatelangen Verzögerungen bei der Prüfung und Bewilligung der für die Menschen notwendigen und unaufschiebbaren Leistungen kommt“, erläutert die Sozialjuristin.
Sofort zeigt der VdK Hamburg die Vertretungsübernahme gegenüber dem Grundsicherungsamt an und drängt auf eine zeitnahe abschließende Entscheidung. VdK-Beraterin Brückner weist gegenüber der zuständigen Behörde deutlich darauf hin, dass Frau Meyer aufgrund der bisher nicht erfolgten Antragsbearbeitung seit über zwei Monaten ihre Wohnung nicht verlassen konnte. Dieser Zustand sei in keiner Weise zumutbar. Frau Meyer habe sämtliche Unterlagen rechtzeitig eingereicht, ihre gesundheitliche Situation habe sich nicht geändert und es sei daher nicht nachvollziehbar, weshalb immer noch keine Entscheidung vorliege.
Die VdK-Juristin bleibt hartnäckig
Auf dieses Schreiben ergeht die Mitteilung, dass eine andere Abteilung zuständig ist – das Fachamt Eingliederungshilfe. Der Antrag sei dorthin weitergeleitet worden. Ein zuständiger Sachbearbeiter wird nicht genannt, nur auf die allgemeine Behördenhotline verwiesen.
Die Sozialjuristin des VdK ist über dieses Schreiben empört. Sie versucht wiederholt, telefonisch mit der zuständigen Abteilung verbunden zu werden. Was sie aber hört, ist lediglich eine Ansage. Aufgrund der Corona-Pandemie sei die Erreichbarkeit der Mitarbeiter eingeschränkt, eine zeitnahe Bearbeitung der Angelegenheit werde aber erfolgen.
Diese Auskunft reicht Frau Brückner nicht. Sie weiß, wie dringend Frau Meyer auf ihre Leistungen wartet. Dass Betroffene über Monate hinweg ihre sozialen Kontakte immer weiter einschränken müssen und teils notwendige Einkäufe nicht erledigen können, ist nicht hinnehmbar. „Nicht jeder Betroffene ist in der Situation, dass sich Angehörige und Freunde kümmern können und sie hierüber die notwendige Unterstützung erhalten“, weiß VdK-Beraterin Brückner um die schwierige Situation der Menschen.
Die VdK-Juristin bleibt hartnäckig und lässt sich von der Behörde nicht abwimmeln, bis endlich der zuständige Sachbearbeiter das Telefon abnimmt. Dieser erklärt, dass der Antrag zwar eingegangen und auch an die zuständige Abteilung weitergeleitet wurde, dann aber offensichtlich nichts weiter passiert sei. Er könne sich dies auch nicht erklären. „Dies ist leider kein Einzelfall“, bestätigt der VdK. „Wir hören oftmals von unseren Mitgliedern, dass notwendige Anträge nicht rechtzeitig bearbeitet werden oder sogar verloren gehen, da sie einem falschen Vorgang zugeordnet werden oder in einer falschen Abteilung landen.“
Frau Meyer muss sich in der Zwischenzeit Geld von Freunden und Bekannten leihen, um die notwendigen Taxikosten für die Fahrten aufbringen zu können. Ihr ist diese Situation sehr unangenehm.
Die Beförderungspauschale wurde bewilligt
Die Sozialjuristin des VdK setzt dem Grundsicherungsamt eine letzte Frist. Sollte innerhalb dieser Frist keine abschließende Entscheidung ergehen, droht die Juristin die Erhebung eines Eilantrags beim zuständigen Sozialgericht an. Zwei Tage später erhält sie von Frau Meyer eine E-Mail. In dieser heißt es wortwörtlich:
„Liebes VdK-Team, es gibt eine riesen Überraschung, die mich sprachlos macht. Bereits heute, also nur zwei Tage nach Ihrer letzten Nachricht, habe ich nun endlich meine Bewilligung über die Beförderungspauschale bekommen und die zuständige Behörde hat Fehler bei der Antragsbearbeitung eingeräumt. Ich bin begeistert, wie viel der VdK bewirken kann. Ich bedanke mich von ganzem Herzen für Ihre Mühe.“
Der VdK ist erfreut über die Entscheidung. „Wir sind froh, dass wir Frau Meyer helfen konnten. Doch es kann nicht sein, dass die Behörde erst auf Druck des VdK tätig wird und erst nach Monaten den Weiterbewilligungsantrag für die Beförderungsleistungen bearbeitet und beschieden hat.
Frau Meyer wird bereits in wenigen Monaten den nächsten Weiterbewilligungsantrag für die Beförderungspauschale einreichen müssen und hofft, dass es dann keine Probleme geben wird. Sollte es doch wieder anders kommen, ist sie beruhigt, sich auf die Unterstützung durch den VdK Hamburg verlassen zu können. Nicht alle Betroffenen haben die Möglichkeit, sich rechtliche Unterstützung einzuholen“, erklärt die Juristin.