Roswitha Paul leidet seit vielen Jahren unter zunehmenden körperlichen Beschwerden infolge eines Schlaganfalls sowie einer Wirbelsäulenversteifung. Sie lebt in Hamburg in einer Zwei-Zimmer-Altbauwohnung mit einem typischen engen Schlauchbad. Bisher konnte sie sich noch gut selbst versorgen, doch die körperlichen Beschwerden haben in den letzten Jahren zugenommen und sie schafft es kaum noch, sich morgens im Badezimmer fertig zu machen und anzuziehen. „An einigen Tagen bin ich einfach im Bett liegen geblieben, da ich keine Kraft hatte, aufzustehen. Ich wusste einfach nicht, wie ich in die enge Duschbadewanne einsteigen soll und dann die ständige Angst vor Stürzen“, berichtet später die heute 80-Jährige.
„Mithilfe eines Pflegedienstes wäre alles einfacher, aber hierfür reicht meine Rente nicht aus“, geht es Frau Paul ständig durch den Kopf. Ihre Hausärztin rät ihr dazu, einen Pflegegrad bei ihrer Pflegekasse zu beantragen. Diesem Rat folgt sie. Ihr war nicht klar, dass ihr die Pflegekasse auf dem Weg zum Erhalt des ihr zustehenden Pflegegrads so viele Steine in den Weg legen und sie erst mit Unterstützung des VdK-Hamburg zu ihrem Recht kommen würde.
Das war noch lange Zeit vor der Corona-Pandemie. Statt der persönlichen Untersuchung werden derzeit Fragebögen verschickt und Telefoninterviews mit den Antragsstellern beziehungsweise dessen Angehörigen oder Betreuern durchgeführt. (Wie man sich auf so ein Gespräch vorbereitet, lesen Sie in unserem Tipp auf der nächsten Seite.)
Aber wie verlief die Begutachtung für Frau Paul? „Mit der Begutachtung ging alles sehr schnell. Nach dem Termin hatte ich das Gefühl, dass mir der Gutachter gar nicht richtig zugehört und die wesentlichen Punkte nicht erfasst hat“, erzählt Frau Paul im Nachhinein. Prompt kam auch im September 2017 der Ablehnungsbescheid der Pflegekasse. Frau Paul legt selbst Widerspruch bei der Pflegekasse ein und weist darauf hin, dass der MDKkurz fürMedizinischer Dienst der Krankenversicherung zahlreiche Punkte in dem Gutachten nicht erfasst habe.
Frau Paul bietet um eine erneute Begutachtung. Diesem Vorschlag kommt die Pflegekasse aber nicht nach und erlässt im Juni 2018 einen ablehnenden Widerspruchsbescheid. Verzweifelt erzählt Frau Paul einer Bekannten die ganze Geschichte. Diese ermutigt sie, die Entscheidung der Pflegekasse so nicht einfach hinzunehmen, sondern sich an den VdK Hamburg zu wenden und eine Klage vor dem Sozialgericht Hamburg zu erheben.