Risiko für Gürtelrose wird unterschätzt
Barmer-Arzneimittelreport zeigt massive Impflücken bei Herpes Zoster – Impfwirkstoff hat positiven Nebeneffekt

Immer mehr Menschen berichten nach einer Gürtelrose-Erkrankung von starken Einschränkungen. Noch Jahre später leiden sie an chronischer Erschöpfung oder Nervenschmerzen. Daher empfieht die Ständige Impfkommission (STIKO) eine Impfung für gesunde Menschen über 60, bei Patienten mit einer Vorerkrankung ab 18 Jahren. Das Risiko wird allerdings immer noch unterschätzt, wie die neuesten Impfzahlen der Barmer zeigen.
HZV-Impfung
Rund 80 Prozent der anspruchsberechtigten Barmer-Versicherten bundesweit sind nicht oder nur unvollständig gegen das Herpes-Zoster-Virus (HZV), das für Gürtelrose verantwortlich ist, geimpft. Das entspricht 20 Millionen Menschen ab 60 Jahren, für die die Impfung seit 2019 Kassenleistung ist. Dabei könne die HZV-Impfung zwei von drei Erkrankungen durch die sogenannte Gürtelrose verhindern, erklärt die Kasse. Auch das gehe aus dem Arzneimittelreport 2025 hervor. Im Jahr 2023 seien 11,4 je 1000 ungeimpfter Versicherter und 4,1 je 1000 geimpfter an Gürtelrose erkrankt. „Die HZV-Impfung verringert das Erkrankungsrisiko einer Gürtelrose erheblich“, betont Professor Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer. „Die Versicherten haben Anspruch auf die Impfung und sollten diese auch angeboten bekommen.“
Und noch etwas zeigten die Zahlen: Die Impfquote gegen Gürtelrose bei Personen ab 85 Jahren ist auffallend niedrig. Obwohl sie als besonders gefährdete Patientengruppe gelten, sind nur 15,5 Prozent der Barmer-Versicherten vollständig geimpft. Mit 60 Jahren, dem Alter, ab dem die Impfung empfohlen wird, erhalten weniger als zehn Prozent zumindest die erste der zwei erforderlichen Impfungen. Zuletzt sei die Erstimpfungsrate bei den 75-Jährigen von 12,6 auf 9,2 Prozent und somit um ein Viertel zurückgegangen.
Große Unterschiede
Dem Arzneimittelreport zufolge gibt es bei der HZV-Impfquote enorme Unterschiede zwischen den Hausarztpraxen. Diese reiche von null bis 88 Prozent, wie eine Analyse auf Basis der Impfquoten bei anspruchsberechtigten Barmer-Versicherten ergab. „Ob einem Patienten die indizierte Impfung angeboten wird, darf nicht davon abhängen, zu welchem Hausarzt er geht“, sagt Barmer-Chef Straub. Zu unterschiedlich hohen Impfquoten könnten viele Ursachen beitragen. Die Barmer-Analyse zeigt: Praxen mit geringer Herpes-Zoster-Impfrate impfen auch seltener gegen Influenza.
Sehr unterschiedlich fällt auch die Impfquote mit Blick auf einzelne Bundesländer aus. Auch das sieht man an den aktuellen Zahlen. In den östlichen Bundesländern sei die Impfquote bei Barmer-Versicherten am höchsten und falle ab von 29,3 Prozent in Sachsen-Anhalt auf 15,4 Prozent in Bayern und 15,2 Prozent in Baden-Württemberg als Schlusslicht.
Neue Entdeckung
Dass die HZV-Impfung immer noch wenig bekannt beziehungsweise zu wenig genutzt wird, obwohl sie seit 2019 Kassenleistung ist, muss verwundern. Beliebter könnte sie jetzt werden. Denn ein internationales Forscherteam hat einen positiven Nebeneffekt der Impfung entdeckt. Wissenschaftler aus Heidelberg, Mainz, Frankfurt, Wien und Stanford (USA) haben walisische Gesundheitsdaten von älteren Menschen ausgewertet. Für Menschen, die eine Gürtelroseimpfung erhalten hatten, sank die Wahrscheinlichkeit an Demenz zu erkranken um 20 Prozent. Bei Frauen scheint der Schutzeffekt sogar noch wesentlich höher zu liegen als bei Männern. Die Ergebnisse sind im Fachjournal Nature 2025 veröffentlicht worden. Warum der Impfstoff gegen Herpes Zoster auch gegen Demenz schützt, ist noch nicht bekannt.
Wer ist gefährdet?
Gürtelrose tritt meist erst in höherem Lebensalter auf und wird durch dasselbe Virus verursacht wie die Windpocken: Varizella-Zoster. Nach der Ansteckung mit Windpocken, meist in der Kindheit, versteckt sich das Virus lebenslang in den Nervenzellen. Bei Menschen, die älter sind oder ein geschwächtes Immunsystem haben, kann das ruhende Virus wieder aktiv werden und eine schmerzhafte Gürtelrose auslösen. In einigen Fällen sind das Gesicht und sogar die Augen betroffen.