Urteil – Gartenzaun kann Pflege erleichtern

Von: syk

Die Pflege eines Kindes im häuslichen Umfeld kann mit einem Gartenzaun deutlich erleichtert werden, wenn das Kind hilflos und orientierungslos ist.  

Weitläufiger Garten mit neuem Zaun als Weglaufschutz.
Die Richter urteilten, dass durch den Zaun die Pflege erleichtert werde und ein selbstständiges Spielen ohne Aufsicht im Garten möglich ist. © stock.adobe.com/Iriana Shiyan

Antrag auf einen Zuschuss als wohnumfeldverbessernde Maßnahme

Die Pflegekasse müsse somit für einen Gartenzaun einen Zuschuss im Sinne einer „wohnumfeldverbessernden Maßnahme“ leisten. Das hat das Sozialgericht Freiburg in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 11. August 2025 (Az. S 9 P 2567/24) entschieden.

Im konkreten Fall ging es um einen zwölfjährigen Jungen, der mit seiner Familie in einem Einfamilienhaus wohnt. Bei ihm wurde frühkindlicher Autismus festgestellt sowie eine Entwicklungs- und Artikulationsstörung mit „Weglauftendenz“. Ein Grad der Behinderung (GdBkurz fürGrad der Behinderung) von 100 sowie die Merkzeichen „G“ (erhebliche Gehbehinderung), „H“ (hilflos) und „B“ (Begleitung) wurden zuerkannt. 

Regelmäßig hatte sich der Junge beim Spielen aus dem Garten entfernt. Damit seine pflegende Mutter ihn nicht dauerhaft beaufsichtigen muss, stellte die Familie bei der Pflegekasse einen Antrag auf einen Zuschuss für einen Gartenzaun als wohnumfeldverbessernde Maßnahme. Dieser sollte ihn am Weglaufen hindern. Die Maßnahme sollte 9760 Euro kosten. Der gesetzliche Anspruch auf einen Zuschuss für einen Pflegebedürftigen liegt bei bis zu 4.180 Euro.

Sicherungsmaßnahme

Die Pflegekasse lehnte den Zuschuss ab. Der Gartenzaun sei  außerhalb der Wohnung und diene nicht der Barrierefreiheit. Diese Voraussetzungen seien für eine wohnumfeldverbessernde Maßnahme zwingend. Der Zaun sei eine Sicherungsmaßnahme. Er erleichtere die häusliche Pflege nicht und diene auch nicht dazu, ein möglichst selbstständiges Leben zu führen.

Dem widersprach das Sozialgericht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dienten wohnumfeldverbessernde Maßnahmen der Anpassung an die Bedürfnisse eines behinderten Menschen. Dies könne ein Treppenlift oder auch technische Hilfen im Haushalt, wie ein Haltegriff, sein. Auch Maßnahmen gehörten dazu, welche die Wohn- oder Gebäudesubstanz verändern, zum Beispiel eine Klingelanlage. Auch wenn ein Gartenzaun bei erwachsenen Menschen nicht dazuzähle, sei dies bei Kindern möglich – zumal, wenn sie völlig orientierungslos seien und schon mehrfach weggelaufen sind. 

Selbstständiges Spielen

Die Freiburger Richter urteilten, dass durch den Zaun die Pflege erleichtert werde und ein selbstständiges Spielen ohne Aufsicht im Garten ermögliche. Alternativ könnte eine Bewegungskontrolle wie ein GPS-Tracker eingesetzt werden. Dies käme hier nicht infrage. Der Junge hatte sich nach Angabe der Mutter bereits von einem solchen Tracker befreit.