Kategorie VdK-Zeitung Urteil Behinderung

Urteil: Psychotherapie kann GdB herabsetzen

Von: Syk

Wer von einer psychischen Erkrankung betroffen ist, kann keinen unbefristeten Ausweis für Schwerbehinderte bekommen. Das hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg entschieden. Die Stuttgarter Richter begründeten ihr Urteil (Az. L 8 SB 1641/23) damit, dass eine Besserung des Gesundheitszustands möglich sei und somit der Grund für die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises entfallen könnte.

Ein Mann lehnt sich mit einem Arm an ein Fenster und fasst sich dabei an die Stirn.
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Im konkreten Fall hatte eine 59-jährige Frau geklagt. Sie litt unter anderem an Depressionen und einer Zwangsstörung verbunden mit Zwangshandlungen und -gedanken. Zuletzt war ihr nach einer fast fünfzigjährigen Krankengeschichte ein Grad der Behinderung (GdBkurz fürGrad der Behinderung) von 70 zuerkannt worden. Der Schwerbehindertenausweis war befristet. Die Frist endete am 30. April 2021.

Bei ihrem Antrag auf Neufeststellung des GdBkurz fürGrad der Behinderung verwies die Frau im Juni 2020 darauf, dass auch ihre Mitmenschen durch die Krankheit stark belastet seien. Daraufhin stellte die zuständige Behörde bei ihr einen GdBkurz fürGrad der Behinderung von 80 fest. Allerdings wurde dieser Bescheid befristet bis zum 31. Oktober 2025.

Dagegen klagte die Frau erneut und forderte einen unbefristeten Schwerbehindertenausweis. Ihr Argument: Angesichts der langen Krankheitsgeschichte sei nach Meinung ihrer behandelnden Ärzte eine Besserung nicht in Sicht.

Das sah das LSG anders. Ein Schwerbehindertenausweis könne in der Regel höchstens auf fünf Jahre ausgestellt werden, unbefristet nur in ganz seltenen Fällen, wenn „eine wesentliche Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse ausgeschlossen werden“ könne. Dieser Ausnahmefall gelte nicht für psychische Erkrankungen wie die Zwangsstörung der Klägerin. Denn nach einer Psychotherapie oder einer medikamentösen Behandlung könne sich ihr Gesundheitszustand wieder bessern.

Nach Ansicht der Stuttgarter Richter führt das unbefristete Ausstellen eines Schwerbehindertenausweises nicht zu einem „schützenswerten Vertrauen auf den Fortbestand der zugrundeliegenden Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft“. Somit könne die zuständige Behörde auch dann, wenn der Schwerbehindertenausweis unbefristet ausgestellt wurde, „jederzeit eine Überprüfung der gesundheitlichen Verhältnisse veranlassen“.