Kategorie VdK-Zeitung Sozialrecht

Schwerbehinderung und Typ 1 Diabetes beim Kind – Wann ist ein GdB von 50 angemessen?

Von: Sandra Schödl

Seit einigen Jahren steigt die Zahl der Diabetesneuerkrankungen bei Kindern. Die genauen Gründe hierfür sind bislang abschließend medizinisch nicht geklärt. 

Der Blutzucker wird bei einem Kind mit einem kleinen Stich in die Fingerspitze gemessen.
Sozialer Rückzug kann die Teilhabe am Leben stark einschränken. Eltern sollten das bei Antrag darlegen. © stock.adobe.com/VadimGuzhva

Ein Grad der Behinderung (GdBkurz fürGrad der Behinderung) von 50, der zur Anerkennung einer Schwerbehinderung führt, wird bei Kindern mit Diabetes mellitus Typ 1 nicht automatisch gewährt. Die Regel ist die Feststellung eines GdBkurz fürGrad der Behinderung von 40 sowie das Merkzeichen „H“.

Für Diabetes mellitus enthält die Versorgungsmedizinverordnung (VersMedV) keine spezifische Unterscheidung zwischen Kindern und Erwachsenen. Das heißt, Ziffer 15.1 VersMedV ist Grundlage für jeden Betroffenen, gleich welchen Alters. Zur Erreichung eines GdBkurz fürGrad der Behinderung von 50 gelten deshalb auch bei Kindern folgende Kriterien: 

Intensiver Therapieaufwand: Das Kind muss täglich mindestens vier Insulininjektionen benötigen, wobei die Insulindosis selbstständig in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzuckerwert, der geplanten Mahlzeit und der körperlichen Aktivität angepasst werden muss.

Erhebliche Beeinträchtigung der Lebensführung: Über den Therapieaufwand hinaus muss eine gravierende Einschränkung in der alltäglichen Lebensführung vorliegen. Das bedeutet, dass das Kind durch die Krankheit in seiner Teilhabe am gesellschaftlichen Leben deutlich beeinträchtigt ist.

Diese beiden Kriterien müssen beide erfüllt sein, um einen GdBkurz fürGrad der Behinderung von 50 zu rechtfertigen. Ein intensiver Therapieaufwand allein genügt nicht. Es muss zusätzlich eine erhebliche Einschränkung der Lebensführung vorliegen.

Aktuelles Urteil

Am 12. Dezember 2024 entschied das Bundessozialgericht (BSGkurz fürBundessozialgericht) in einem Fall, in dem eine 2010 geborene Klägerin die Feststellung eines GdBkurz fürGrad der Behinderung von mindestens 50 aufgrund ihres Diabetes mellitus Typ 1 begehrte. Der beklagte Träger hatte einen GdBkurz fürGrad der Behinderung von 40 sowie das Merkzeichen „H“ (Hilflosigkeit) anerkannt. Das BSGkurz fürBundessozialgericht bestätigte diese Entscheidung und lehnte einen höheren GdBkurz fürGrad der Behinderung ab, da die Voraussetzungen für einen GdBkurz fürGrad der Behinderung von 50 nicht erfüllt waren (Az. B 9 SB 2/24 R). 

Worauf sollten Eltern achten und was ist bei einem Antrag darzulegen? 

Dokumentation des Therapieaufwands: Es ist wichtig, den täglichen Insulinbedarf, die Häufigkeit der Injektionen und die Anpassung der Dosen detailliert zu dokumentieren. 

Nachweis der Beeinträchtigung der Lebensführung: Eltern sollten darlegen, wie Diabetes die alltäglichen Aktivitäten des Kindes einschränkt, beispielsweise in Schule, Freizeit oder sozialen Interaktionen. 

Ärztliche Stellungnahmen: Aktuelle medizinische Unterlagen, die sowohl den Therapieaufwand als auch die Auswirkungen auf die Lebensführung des Kindes beschreiben, sind essenziell.

Das BSGkurz fürBundessozialgericht führte beispielsweise an, dass ein GdBkurz fürGrad der Behinderung von 50 gerechtfertigt sein kann, wenn eines der folgenden Kriterien zutrifft:

  • schwere hypoglykämische Entgleisungen mit erforderlicher Fremdhilfe treten auf;
  • stationäre Behandlungen oder Folgeschäden an anderen Organen liegt vor;
  • die Erkrankung führt beim Kind zu schwerwiegenden psychischen/sozialen Konsequenzen.

Fazit

Ein GdBkurz fürGrad der Behinderung von 50 bei Kindern mit Diabetes mellitus Typ 1 wird nur unter strengen Voraussetzungen gewährt. Neben einem intensiven Therapieaufwand muss eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensführung nachgewiesen werden. Insbesondere geht es bei dem Vortrag nicht primär darum, welche konkrete Hilfeleistung die Eltern im Einzelnen verrichten, da diese Hilfeleistung bereits mit dem Merkzeichen „H“ ausgeglichen wird. Vielmehr muss bei jedem Antrag dargelegt werden, inwieweit das Kind selbst in seiner Lebensführung beeinträchtigt ist, sprich, inwieweit eine erhebliche Teilhabebeeinträchtigung vorliegt (z. B. häufige Fehlzeiten in der Schule, sozialer Rückzug, psychische Probleme etc.). 

Kontakt

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