Krankenkassen schlagen Alarm: Pflege am Limit
Die Zahl der Menschen, die Leistungen aus der Pflegeversicherung beziehen, ist 2023 sprunghaft angestiegen. Die Krankenkasse DAKkurz fürDAK-Gesundheit befürchtet schon bald eine Pflegekraftlücke, die nicht mehr zu schließen sein wird.
Schon seit einigen Jahren wächst die Zahl der Pflegebedürftigen kontinuierlich, zuletzt nach Angaben des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen (GKVkurz fürGesetzliche Krankenversicherung) um etwa 326.000 pro Jahr. Doch 2023 betrug das Plus 361.000, so viel wie noch nie. GKVkurz fürGesetzliche Krankenversicherung-Vizevorsitzender Gernot Kiefer kann keine Erklärung für diesen sprunghaften Anstieg liefern. „Denkbar ist, dass es ein einmaliger Nachholeffekt der Pandemie ist: Viele ältere Menschen haben sich möglicherweise erst spät wieder getraut, die Prüfer des Medizinischen Dienstes ins Haus zu lassen“
, mutmaßt er.
Drohen höhere Beiträge?
Doch auch wenn dies ein einmaliges statistisches Ereignis sein sollte, werde sich die Dynamik des jährlichen Anstiegs bis in die erste Hälfte der 2030er Jahre fortsetzen, so Kiefer. Er warnte davor, dass sich Versicherte auf immer höhere Beiträge einstellen müssen.
Erst 2022 waren die Beiträge zur Pflegeversicherung angehoben worden. Dies sollte die Finanzen bis 2025 stabil halten. Nach Einschätzung der DAKkurz fürDAK-Gesundheit sei das nicht zu halten. Noch 2024 würden demnach die Beiträge zur Pflegeversicherung steigen müssen.
Laut DAKkurz fürDAK-Gesundheit-Pflegereport spitzt sich die Lage durch den Fachkräftemangel in der Branche zu. In Bayern und Bremen werden schon in fünf Jahren weniger Pflegekräfte nachrücken als in Rente gehen – und das bei steigender Anzahl von Pflegebedürftigen. DAKkurz fürDAK-Gesundheit-Vorstandschef Andreas Storm sprach deshalb von einem „Kipppunkt“
.
Nächstenpflege stärken
VdK-Präsidentin Verena Bentele ist ebenfalls alarmiert: „Wir steuern mit Ansage auf eine dramatische Situation zu.“
Sie weist auf einen Aspekt hin, der in der Diskussion stets zu kurz kommt: „Pflege findet zu mehr als 80 Prozent zu Hause statt. Wir müssen die Nächstenpflege stärken, statt auf eine wundersame Vermehrung der Pflegekräfte in den Heimen zu warten“
, sagt sie.
Der VdK fordert von Bund und Ländern deutlich mehr finanzielle und organisatorische Unterstützung für die Pflege zu Hause. Dazu gehört der Ausbau der Plätze in der Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflege und von unabhängigen Pflegeberatungsstellen. Zudem müssen geriatrische Einrichtungen in den Kliniken verstärkt und die Prävention gefördert werden, damit Pflegebedürftigkeit nicht automatisch ins Pflegeheim führt.